1986-1988
 

Bereits 1986 folgte die Veröffentlichung des dritten Studioalbums „Die Ärzte“, die Bass-Sequenzen des Albums wurden vom Produzenten Manfred Praeker eingespielt. Als Live-Bassist stieß Hagen Liebing alias The Incredible Hagen zur Band. Am 27. Januar 1987 wurde das Album wegen des Liedes „Geschwisterliebeindiziert. Außerdem wurde am 10. Juni 1987 das schon drei Jahre alte Debüt-Album „Debil“ wegen der Texte zu „Claudia hat ’nen Schäferhund“ und „Schlaflied“ indiziert. Der Karstadt-Konzern nahm nach der Indizierung der beiden Alben das ganze Programm der Ärzte aus dem Sortiment; Fernsehauftritte gestalteten sich für die Ärzte in dieser Zeit zunehmend schwieriger. Ein finanzielles Desaster zeichnete sich ab, sodass bereits zu diesem Zeitpunkt in der Band erstmals über eine Auflösung nachgedacht wurde: Die Mitglieder besaßen keinerlei finanzielle Polster und sowohl die Einnahmen aus den CD- und LP-Verkäufen, als auch die Erträge der GEMA-Rechteverwertung, waren stark zurückgegangen.

Als Reaktion auf die Indizierung der Stücke veröffentlichten die Ärzte 1987 die Mini-LP „Ab 18“, welche alle bislang indizierten Lieder enthielt und forcierten somit (erfolgreich) eine erneute Indizierung des Albums. Annähernd gleichzeitig versuchten sich die Ärzte auch wieder an einem regulären Studioalbum. Mit einer deutschen Version von „Walk like an Egyptian“ von The Bangles erschien eine Single, die auch des Öfteren im Radio gespielt wurde. Doch die Aufnahmen zum nächsten Album liefen alles andere als erfolgreich, die Band schien ausgebrannt zu sein und kam nur mit mittelmäßigen Songs ins Studio. Als Reaktion darauf entschieden sie ein Album aus vorwiegend alten Stücken zu produzieren und lediglich zwei von insgesamt sieben neuen Stücken und die deutsche Version von „Walk like an Egyptian“, „Gehn wie ein Ägypter“, aufzunehmen. So wurden einige nicht indizierte Lieder der Alben „Debil“ und „Die Ärzte“ auf dem neuen Album erneut als Remixe und in anderen Versionen veröffentlicht.

Produzent war hierbei erstmals Uwe Hoffmann, der bis zu Geräusch alle weiteren Alben produzieren sollte. Das Album nannten sie auch entsprechend einer Kompilation „Ist das alles? – 13 Höhepunkte mit den Ärzten“.

Allerdings missachteten die Ärzte auch die Indizierungsentscheidung der BPjM: Anlässlich eines Konzertes am 22. Juni 1988 in Kleve spielten die Ärzte eine Instrumentalversion des Liedes „Geschwisterliebe“ und wurden daraufhin durch das örtliche Amtsgericht in einem Strafverfahren wegen Verstoßes gegen die Indizierungsentscheidung jeweils zu 1.000 D-Mark hohen Geldstrafen verurteilt. Tatsächlich hatten die Ärzte lediglich in der letzten Zeile des Stückes das Wort „Liebe“ mitgesungen. Nicht zuletzt ein inoffiziell gefertigtes Bootleg (und heute durchaus begehrtes Sammlerstück unter Ärzte-Fans) eines Konzertbesuchers in Kleve widerlegte die These des Amtsgerichts. Dennoch hatte die Band vorher die Zuschauer in ironischer Weise darum gebeten, den Text nicht mitzusingen und sind wohl auch daher nicht gegen das Urteil vorgegangen. Live hatten die Ärzte zudem das Lied „Claudia III“ gespielt, welches als Provokation für die Bundesprüfstelle gedacht war: „Claudia“ hatte nun, anders als im indizierten „Claudia hat ’nen Schäferhund“, „christlichen Verkehr“.  Generell lieferten die Ärzte zu „Geschwisterliebe“ nur das Playback und ließen das Publikum singen, nicht ohne es vorher aufzufordern, gegenteiliges zu tun.

In dieser Zeit entschieden Farin und Bela während eines Zypern-Urlaubs, die Band aufzulösen, auch im Hinblick auf die Unzufriedenheit bei „Ist das alles? – 13 Höhepunkte mit den Ärzten“.

Obwohl die Ärzte aus dem damals geteilten Berlin stammen, haben sie erst spät versucht, auf dem ostdeutschen Musiksektor Fuß zu fassen. Wesentlichen Einfluss auf das Engagement in der DDR hatte der erklärte „DDR-Freund“ und Neu-Bassist Hagen Liebing im Jahre 1986. So heißt es beispielsweise in der Danksagung des Albums „Das ist nicht die ganze Wahrheit…“ ausdrücklich: „… alle Fans und Freunde in der DDR…“. Hagen war es auch, der erste Kassetten mit Musik der Band bespielte und in Ost-Berlin in Kaufhäusern, Restaurants und Jugendclubs vorführte. Aus diesem Engagement heraus wurde der damalige Jugendradiosender DT64 auf die Ärzte aufmerksam und arrangierte ein Interview, das zunächst jedoch nicht ausgestrahlt wurde. Bei einem zweiten Besuch in Ost-Berlin besuchten die Ärzte ein Konzert der Band Die Anderen, und der Wunsch reifte, eine eigene Tournee durch die DDR zu veranstalten. Der Manager der Band, Conny Konzack (bis heute Manager von Herbert Grönemeyer), arrangierte schließlich mit der staatlichen Plattenfirma Amiga die Veröffentlichung einer LP und einer Kurztournee, die insgesamt 10 Auftritte umfassen sollte. Im Einvernehmen mit Amiga wurde die LP „Ist das alles?“ zur Veröffentlichung ausgewählt, einzelne Lieder wurden jedoch ausgetauscht. Den Regeln der Planwirtschaft folgend prognostizierte Amiga eine Auflage für die LP von 2000 Stück. Zur Veröffentlichung sollte es allerdings zunächst nicht kommen, da das erwähnte Radiointerview mit DT64 kurz darauf ausgestrahlt wurde und die Kulturbehörde daraufhin Album und Tour kurzerhand aussetzte. Im Jahr 1987 erschien dann jedoch, ohne Wissen der Ärzte, im Rahmen der sogenannten Quartett-Reihe eine EP mit dem Titel „Die Ärzte“ auf Amiga, welche die 4 Songs „Zu spät“, „Gehn wie ein Ägypter“, „Radio brennt“ und „Du willst mich küssen“ enthielt. Mit dem Fall der Berliner Mauer brach der Kontakt zwischen Columbia Records und Amiga ab. Aus heutiger Sicht resümiert Bela B.:

„… die DDR war passé und wir hatten uns aufgelöst. Im Nachhinein hätten wir mindestens ein Mal in Ost-Berlin spielen sollen.“

 

Bela B. Felsenheimer in der Band-Biographie „Ein überdimensionales Meerschwein frißt die Erde auf“

Die Auflösung der Band war zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen, „Das ist nicht die ganze Wahrheit…“ sollte die letzte Studioplatte der Ärzte sein. Die Gerüchte um eine mögliche Trennung der Ärzte heizten erwartungsgemäß den Album- und Konzertticketverkauf stark an, die Single-Auskopplung „Westerland“ wurde ihr zunächst kommerziell größter Erfolg. Es folgte die Abschiedstour der Band, auf der die Mitschnitte zur Live-LP „Nach uns die Sintflut“ aufgenommen wurde, am 9. Juli 1988 schließlich fand in Westerland auf Sylt das vorläufig letzte Konzert der Ärzte statt. Noch im selben Jahr erschien das Dreifach-Live-Album als vorerst letzte geplante Veröffentlichung mit insgesamt 37 Stücken. Gegen den Willen der Plattenfirma wurde es zum Preis eines Doppelalbums verkauft. Erst 1990 trafen sich Bela und Farin noch einmal im Studio, unter dem Pseudonym „Bela B. & Jan“ nahmen sie das Lied „Wir brauchen… Werner“ als Soundtrack zum Film „Werner – Beinhart!“ auf.

 
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